#24 - Fühle die Bohrung

Wie sich das Design der Bohrung auf das Spielen von Holzflöten auswirkt

Skip Healy lädt euch ein zu einer weiteren Reise zum Zen hinter der Eile und dem Hasten. In früheren Kolumnen habe ich versucht, Ratschläge sowohl zur Körperlichkeit als auch zur Philosophie zu geben, die ich für gut halte, wenn ich Flöten oder Fifes spiele. Heute möchte ich über das "Gefühl" sprechen, das durch verschiedene Bohrungsdesigns in Flöten, Fifes und Piccolos erzeugt wird.

Damit ein Holzblasinstrument über drei Oktaven gestimmt gespielt werden kann, muss sich mindestens eine Verengung irgendwo entlang der Bohrung befinden. Ziemlich klar, oder?

Okay, los geht's. Die Grundform der Bohrung in einer Querflöte mit "einfachem System" ist im Kopfstück zylindrisch und verjüngt sich irgendwann oberhalb des ersten Tonlochs zum Fuss des Instruments. Durch dieses Bohrungsdesign wird der Druck innerhalb der Flöte auf das Anblasloch zurückgeführt. Dadurch wird ein Tonumfang bis zur dritten Oktave möglich. Abhängig von der Bohrungsgröße und der Länge des Kegels "spürt" ihr einen wachsenden Innendruck im Instrument. Dieses Design verwende ich bei meinen Flöten. Flöten mit einem C-Fuss erhalten oft eine umgekehrte kegelförmige Bohrung, die am Übergang vom Flötenkörper zum Fuss beginnt.

Oft wird für den Gegendruck das Wort "Widerstand" verwendet. Ich nenne es "Kompression spüren", da dies dem tatsächlichen Gefühl wesentlich näher kommt. Ihr pumpt genug Luft in die Flöte, damit einerseits die Note erklingt, die gespielt werden soll und andererseits die Bohrung mit Luft gefüllt bleibt. An diesem Punkt muss die Querflöte ihre Höchstleistung erbringen. Denkt immer daran, dass eure eigene Spitzenleistung mit der Spitzenleistung der Flöte zusammenfallen muss. Das Instrument ist ein Spiegel der Seele, der euch genau zeigt, wo ihr euch befindet...

Mein Lehrer Chris Abell hat mir eine zweite Designtechnik gezeigt. Hier das Profil einer modernen Orchesterflötenbohrung für Holzflöten: Es hat eine parabolische Kurve im Kopfstück, die sich zu einer zylindrischen Bohrung im Körper öffnet. Wenn ihr an ein Dreieck denkt und es  von der Spitze her nach unten drückt, so dass die Seiten nach außen gedrückt werden, ist das eine einfache parabolische Kurve. Diese Kurve wird dann an ihrem breitesten Punkt "abgeschnitten", dort geht diese zur zylindrischen Bohrung des Flötenfusses über. Eine echte Parabel wird am Ende wieder geschlossen (was einem praktischen Flöten- oder Fife-Design kaum förderlich ist ;-))

Das parabolische Design ist äusserst effizient um einen hohen Druck zu erzeugen und gleichzeitig eine gute Entlüftung der Flöte zu erreichen. Das wichtigste Merkmal dieses Designs ist, dass die Verjüngung der Bohrung den erforderlichen Druck im Kopfstück und nicht im Flötenkörper erzeugt. Dies erfordert aber die Verwendung grosser Tonlöcher im Flötenkörper. Aus diesem Grund müssen für Orchesterflöten mit Klappen verschliessbare Tonlöcher verwendet werden. Die Tonlöcher sind zu groß, um sie nur mit den Fingern abzudecken. Mit einem solchen Bohrungsdesign lässt sich auch ein über alle drei Oktaven gleichmäßiges Tonvolumen erzeugen.

Bei meinen Fifes und Piccolos verwende ich dieses Bohrungsdesign. Es ermöglicht dem Musiker, mit extremer Kraft zu spielen, bietet jedoch auch die Möglichkeit, leiseste Töne zu erzeugen. Auch wenn dieses Design effizienter sein mag liegt es noch immer am Musiker, dies durch sein Spiel entsprechend zu nutzen. Flöten mit diesem Bohrungsdesign vermitteln ein deutlich anderes "Gefühl" als Instrumente mit konischer Bohrung. Da die "Arbeit" ausschliesslich an der Verbindungsstelle zwischen Kopf und Körper der Flöte geleistet wird, fungiert der Körper nur als „Entlüftungsrohr“. Für mich fühlt es sich an, als würden die Töne mühelos von selbst aus der Fife springen, obwohl ich sie physisch aus der Flöte blase.

Dies sind die markantesten Unterschiede, die ich zwischen den beiden gebräuchlichsten Konstruktionsarten für Flöten, die über drei Oktaven spielbar sind, fühle. Mir ist klar, dass diese Kolumne viele Fragen aufwirft. Bitte sendet mir eine E-Mail mit euren Fragen und / oder Meinungen an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.